von Robert Klatt •
Der Bitkom geht davon aus, dass bis 2023 jeder zehnte Angestellte seine Arbeit verlieren wird. Jedes vierte Unternehmen könnte von Markt verschwinden.
Aktuell ist die zunehmende Digitalisierung und Automatisierung für viele Deutsche noch kein konkretes Problem. Die großen Industrieunternehmen sind auf der Suche nach Personal, obwohl in der Produktion bereits einige Roboter mitarbeiten. Die deutsche IT Branche warnt derzeit trotzdem vor einem ach zu positiven Blick in die Zukunft. Schon bald wird es, laut einer von ihr durchgeführten Studie, auch in Deutschland zu massiven Entlassungswellen und dauerhaften Vernichtung von Arbeitsplätzen aufgrund der Digitalisierung kommen.
Wenn sich die Studie des Branchenverbands Bitkom bewahrheitet, werden innerhalb von nur fünf Jahren 3,4 Millionen Stellen verloren gehen und durch Roboter Algorithmen ersetzt werden. Deutschland verfügt derzeit über 33 Millionen sozialversicherungspflichtig Beschäftigten, die drohenden Jobverluste bedrohen damit jeden zehnten Angestellten. Außerdem befragte der Verband 500 Unternehmen aus allen Branchen zu ihren Zukunftseinschätzungen. Von allen Unternehmen mit 20 oder mehr Mitarbeitern füllt sich ein Viertel durch die Digitalisierung in der Existenz bedroht.
Fokus auf kleine Probleme
Bitkom-Präsident Achim Berg sieht die drohenden Jobverluste als größtes Problem für Deutschland in den kommenden Jahren. Er äußerte daher Unverständnis für die Politik, die sich auf im Vergleich kleinere Probleme wie Arzthonorare und Soli-Abschmelzung fokussiert. Berg sagte, dass ihm die Situation „seltsam entrückt“ erscheint. Deutschland sei ideenlos und eine klare Linie wie ihn Zukunft Geld verdient werden soll ist nicht vorhanden. „Auf dem Weltwirtschaftsforum in Davos ging es in nahezu jeder Veranstaltung um Künstliche Intelligenz. In Berlin habe ich davon bislang viel zu wenig gehört.“
Sondierungspapier geht kaum auf Digitalisierung ein
Die selben Sorgen teilt auch die Start-Up Szene, die Anfang der Woche an die Politik appellierte, sich stärker mit der Digitalisierung auseinanderzusetzen, anstatt sich mit Verteilungsfragen aufzuhalten. Der einzige Punkt des Sondierungspapiers der Union und SPD zu diesem Thema ist eine nicht verpflichtende Absichtserklärung die vorsieht, dass das schnelle Internet bis 2025 deutlich ausgebaut werden soll. Positiv zu bewertet ist lediglich, dass bei einem Koalitionsvertrag mehr auf die Digitalisierung eingegangen werden soll. Konkrete Pläne haben jedoch beide Parteien noch nicht geäußert.
Die Union möchte das Verkehrsministerium zu einem Ministerium für Verkehr und Digitalisierung aufwerten und außerdem die Abschreibungsmöglichkeiten für digitale Güter verbessern, um so Investitionen in diesem Bereich zu vereinfachen. Berg warnt davor, dass Präsident Emmanuel Macron mit seinen Plänen für Frankreich an Deutschland vorbeiziehen könnte. Er plant unteranderem einen Wandel zur „Start-up-Nation“ und er fördert die Entwicklung von Künstlichen Intelligenz. Berg sagte, dass dies nicht am jungen Alter des französischen Präsidenten liegt, „sondern der Einstellung.“
Die Studie präsentiert erschreckende Zahlen. In den neunziger Jahren beschäftigte die deutsche Kommunikationstechnik noch 200.000 Menschen, heute sind es 20.000. Berg sagte dazu: „Wir haben in nur fünfzehn Jahren 90 Prozent der Arbeitsplätze in diesem Bereich verloren – durch die Digitalisierung.“ Die nächsten Branchen den ähnlich radikale Umbauten drohen sind die Banken und Versicherungen. Die Chemie und Pharmabranche sind aber auch bedroht von den Veränderungen, die ohne Zweifel schneller kommen als erwartet. Der Verband schätzt, dass in nur 20 Jahren 50 Prozent aller Berufsbilder vom Markt verschwinden werden. Statt Zahntechnikern reichen 3D-Drucker und Buchhalter können durch Algorithmen ersetzt werden. Die Anzahl der neuen Stellen zum Beispiel in der Entwicklung und Programmierung lässt sich laut dem Verband nur schwer abschätzen. Sie wird jedoch deutlich unter der Zahl der verlorenen Stellen liegen.