von Robert Klatt •
Chrome blockiert ab jetzt störende Werbung. Medienvertreter befürchten jedoch, dass Google so zu große Macht über die Inhalte erhält.
Niemand vertreibt weltweit mehr Onlinewerbung als Google. Der Konzern ist sich trotzdem bewusst, dass einige Werbeformen im Netz die Nutzer mehr als nur nerven. Störende Pop-Ups oder Banner mit lauter Musik sollen ab jetzt für Chrome-Nutzer der Vergangenheit angehören. Google hat im neusten Updates des Chrome-Browsers den integrierten Adblocker aktiviert, der ohne weitere Browser-Plugins die nervigsten Anzeigen filtern soll. Chrome entfernt riesige Pop-Ups, automatisch startende Videoclips und andere störende Werbung also automatisch. Den Betreibern von Webseiten, die mit Werbung ihr Geld verdienen, wird geraten die Werbung durch weniger nervende Alternativen zu ersetzen, ansonsten drohen Umsatzeinbußen. Google selbst sagt, dass in einem idealen Internet der Chrome-Adblocker gar nicht erst aktiv werden müsste.
Better-Ads-Standards
Chrome prüft beim Besuch einer Webseite ob diese in der Vergangenheit gegen die Better-Ads-Standards verstoßen hat. Sollte der Browser eine positive Rückmeldung erhalten, überprüft er die Netzwerkanfragen der Seite, um Werbung in Bildern und JavaScript-Dateien zu erkennen. Danach werden die URLs mit der öffentlichen EasyList abgeglichen. Sollte Chrome eine Übereinstimmung feststellen, wird die Werbung blockiert.
Seitenbetreiber die gegen die Better-Ads-Standards verstoßene erhalten im ersten Schritt lediglich eine Warnung. Sollte er darauf nicht reagieren, werden alle Werbeanzeigen der Webseite in Chrome nicht mehr angezeigt, selbst Werbung die von Google selbst ausgeliefert wird. Vizepräsident Rahul Roy-Chowdhury erklärte im Google-Blog, dass die positive Erfahrung der Nutzer dem Interesse von Google möglichst hohe Werbeeinnahmen zu erzielen überwiege.
Nutzer von Chrome erhalten einen Hinweis im Browser wenn Werbung blockiert wurde. Sie können dann selbst entscheiden, ob sie Werbung auf bestimmten Webseiten komplett freischalten wollen. Betreiber von Webseiten können über den "Ad Experience Report" in der "Google Search Console" jederzeit überprüfen, ob Werbung auf ihrer Webseite blockiert wurde.
Adblocker weit verbreitet
Es ist überraschend, dass ausgerechnet Google einer der größten Profiteure von Onlinewerbung diesen Schritt geht. Google-Manager Michael Todd erklärte, dass das Unternehmen "daraus keinerlei Nutzen zieht." Langfristig könnte die Entscheidung sich jedoch auch positiv auf das Google-Werbegeschäft auswirken, da weniger Chrome-Nutzer einen weiteren Adblocker installieren und somit weiterhin Googles eigene Werbung sehen werden, während störende Werbung von anderen Anbietern gefiltert wird. Google merkt an, dass Adblocker auch Seitenbetreiber schaden, die nur nicht störende Werbung verwenden.
PageFair hat im Global Adblock Report untersucht wie beliebt Werbeblocker sind. Sie kommen zu dem Ergebnis, dass bei 11 Prozent beziehungsweise 615 Millionen Geräten Adblocker installiert sind. Der Report kam zu Ergebnis, dass die Verbreitung von Adblockern weiter zunimmt. Es ist daher fraglich, ob Google diesem Trend entgegenwirken kann.
Kritik von Medienvertretern
Der Schritt wird von vielen Seiten kritisch gesehen. Google besitzt nicht nur den am weitestenden verbreiteten Browser, sondern auch das größte Onlinewerbegeschäft. Die Marktmacht bei einem einzigen Konzern ist damit gewaltig. Chrome hat laut Statista bereits 60 Prozent Marktanteil weltweit. Google kontert, dass nicht sie allein entscheiden, welche Werbung nicht mehr angezeigt wird, sondern dass der Chrome-Browser stets den "Better Ad Standards" folge. Zur "Coalition for Better Ads" die den Standard verabschieden gehören neben Google auch Facebook, derAxel-Springer-Verlag, Unilever und Microsoft.
Die beteiligten Verbände forderten im Oktober des vergangenen Jahres eine Neuausrichtung inklusive Garantien, die sicherstellen, dass Google und andere Browserhersteller nicht alleine entscheiden können, welche Werbung geblockt wird. Außerdem wird ein „sicherer Hafen“ gefordert, der garantiert, dass Werbung die den "Better Ad Standards" entsprechen niemals gefiltert werden. Google zeigte sich von den Forderungen überrascht, es konnte aber trotzdem ein Kompromiss entwickelt werden, der alle Parteien zufrieden stellt.
Verband Deutscher Zeitschriftenverleger (VDZ)
Der Verband Deutscher Zeitschriftenverleger (VDZ) zeigt sich trotzdem besorgt. In einer Stellungnahme erklärte der VDZ: "Hier wird der Gatekeeper mit der Filterung der 'Bad Ads' noch mehr zum Entscheider darüber, wer welche Anzeigen schalten kann und damit Geld verdient". Chrome sei ein "ganz zentraler Teil in der Strategie von Google, die Werbemärkte zu beherrschen".
Auch von Mozilla, die den Konkurrenten Firefox entwickeln, gab es Kritik. Nick Nguyen ist der Ansicht, dass der Chrome Werbeblocker nicht genug filtert: "Google Chrome blockiert nur besonders störende Anzeigen, tut jedoch nichts gegen unsichtbare Tracker oder Tracking-Anzeigen, die den Standards der 'Better Ads Coalition' entsprechen, in der Facebook und Google wichtige Partner sind." Der Trackingschutz von Firefox hingegen sei ein Blocker, "der von einer unabhängigen Organisation entwickelt wurde, die kein Werbenetzwerk betreibt".