von Robert Klatt •
Die chinesische Regierung verbietet unlizenzierte VPN-Anbieter. Besonders kleine ausländische Firmen bekommen so enorme Probleme.
Ab dem 01. Februar 2018 wird der Zugang zum freien Internet in China noch weiter eingeschränkt. Wie die Nachrichtenagentur Bloomberg berichtete werden alle unlizenzierten VPN-Anbieter, die vor allen von ausländischen Unternehmen genutzt wurden, ab diesem Datum verboten. Nutzer von Virtual Private Networks (VPN) konnten bisher die strenge staatliche Zensur des Internets in China umgehen, indem sie nicht über einen chinesischen Provider ins Netz gingen, sondern einen ausländischen Anbieter genutzt haben. Durch das kommende Verbot sind auch ausländische Firmen und deren Mitarbeiter, die bisher noch oft VPNs nutzen konnten, genau wie die übrigen Chinesen vom Rest der weltweiten Internets abgeschottet.
Obwohl das Verbot offiziell noch nicht in Kraft getreten ist, gibt es bereits Anzeichen dafür, dass die ersten VPNs deaktiviert wurden. Im Dezember wurden zwei europäischen Botschaften die VPN-Zugänge abgeschaltet und auch ein IT-Dienstleister, der in China mehr als dreißig deutsche Kunden hat, berichtet über nicht mehr funktionierende VPN-Zugänge. Ein Kunde hat den Internetzugang sogar vollständig verloren, weil er wie China Telecom angab eine VPN-Alternativ genutzt hat. Bestätigt wurden diese Berichte durch die Financial Times, die ebenfalls über fünf Fälle deaktivierter VPNs von ausländischen Firmen geschrieben hat. Namentlich genannt werden wollen die Quellen nicht. Sie befürchten ansonsten durch Behördeninterventionen den Zugang zum wichtigen chinesischen Markt zu verlieren.
VPNs werden von Firmen vor allen genutzt um eine sichere Verbindung zum Intranet herzustellen und sensible Daten geschützt zu übertragen. In China nutzten aber auch zahlreiche Privatpersonen VPN-Verbindungen, um verbotene Dienste wie Facebook, Twitter und Google zu erreichen. Ohne VPNs ist der Zugang zu ungefilterten Nachrichten für normale Chinesen seit Jahren unmöglich.
Der nun schon streng regulierte Internetzugang soll in Zukunft noch eingeschränkter werden. Die Regierung in Peking möchte vollkommene Kontrolle, das bedeutet ökonomische, kulturelle, technologische und auch politische Kontrolle, über das Internet erlangen. Staatspräsident Xi Jinping hat für dieses Vorgehen den Begriff „Cybersouveränität“ eingeführt.
In der Praxis bedeutet das, dass alle Webseiten den Such- und Filterregeln an die chinesischen Anforderungen anpassen müssen, wenn sie dort ihre Dienste anbieten wollen. Aus diesem Grund hat sich Google im Jahr 2010 vorerst aus China verabschiedet. Das im Sommer 2017 eingeführte Cyber-Sicherheitsgesetzt zwingt auch ausländische Firmen digitale Daten direkt in China zu speichern und auf Anfrage an chinesische Behörden auszuhändigen. Firmen die in kritischen Sektoren wie dem Bankwesen oder der Energieversorgung arbeiten müssen staatliche geprüfte IT-Produkte aus chinesischer Produktion einsetzen.
Das neue Ziel der chinesischen Regierung ist es, das Internet bis März 2018 von freien Zugängen zu „säubern“. Die Regierung zählt dazu auch VPN-Verbindungen, die ausländischen Firmen zur Kommunikation mit der Zentrale benötigen. Inzwischen sind fast alle chinesischen VPN-Anbieter vom Markt verschwunden. 764 VPN-Verbindungen musste allein Apple in der China-Zentrale im vergangenen Jahr außerbetrieb nehmen.
Als Ersatz sollen die Firmen in Zukunft eine staatliche genehmige Software verwenden. Dies könnte besonders kleinen Firmen zum Verhängnis werden, da die Kosten bei mehreren Tausend Euro im Monat liegen. Außerdem ist nicht sichergestellt, dass der Staat die übertragenen Daten nicht einsieht. Der eigentliche Zweck einer VPN-Verbindung wird also durch die neue Software nicht erfüllt. Standleitungen nach Hong Kong, die ebenfalls eine Verbindung ins freie Internet ermöglichen können, sind ähnlich teuer. 2 Megabit/Sekunde kosten monatlich weit über 1000 Euro. Schnellere Verbindungen, die auch für kleinere Firmen schnell nötig werden, sind noch wesentlich teurer.
Laut einem IT-Dienstleister, der seinen Namen nicht nennen wollte, können große Unternehmen die chinesische Firewall auch weiterhin umgehen. Das dafür notwendige Wissen und die Mittel fehlen kleinen Unternehmen aber. Aus diesem Grund kann das Verbot von VPNs für kleinere und mittelgroße Unternehmen durchaus ein Faktor für einen Standortwechsel darstellen. Auch für die Mitarbeitergewinnung ist das stark eingeschränkte Internet ein Hindernis. Ausländische Mitarbeiter die mit ihrer Familie und Freunden per Skype, WhatsApp oder Facebook kommunizieren, können dies aus China nichtmehr tun.
Auch die deutsche Botschaft macht auf die Probleme aufmerksam. Die schwer kalkulierbaren Kosten und Risiken durch die unklare und sich stets verändernde Rechtslage bereite Firmen vermehrt Sorgen. Auch die Datensicherheit und der Schutz von Geschäftsgeheimnissen sorge dafür, dass Firmen vor Investitionen in China zurückschrecken. Anfragen der Botschaft an die chinesische Regierung mit der Bitte um Vermittlungsgespräche blieben in dieser Sache bislang unbeantwortet.